Europa
Eu-ro-pa – Namensmutter uns'res Orts:
Sandgewaschen – gischtgetauft,
Tiefgerissen und ersauft:
Auf immer, immer fort.
Eu-ro-pa – Heilige – und schön:
Götterliebe: Gottesraub,
Lungen zu vom Meeresstaub
Unter Gottgestöhn.
Eu-ro-pa – Färsenfleisch du, Rind:
Zeichne liegend deinen Grund,
Liegend heiligen Verbund –
O schönes, schönes Kind.
zum mythos
zeus verliebt sich in die junge menschenfrau europa. als diese auszieht, um die rinder zu weiden, mischt sich zeus in gestalt eines weißen stieres unter die herde. das tier sticht an schönheit und gestalt aus den anderen hervor und erregt so die aufmerksamkeit der geliebten. sie ist verwundert über dessen zutraulichkeit: sie füttert den stier, streichelt ihn, lehnt sich an das erstaunlich zahme tier an. sobald sie soweit geht, auf seinen rücken aufzusetzen, stürmt der stier davon – und reißt europa mit sich in die tiefen des meeres, wo zeus sie vergewaltigt.
damit europa von der tat nicht berichten kann, nimmt der gott ihr die menschliche gestalt: nachdem er die gestalt eines rinds gewählt hat, um die geliebte in die falle zu locken, verwandelt er sie in ein rind.
zur form
zu europa ist mir nichts eingefallen. die form ist entsprechend recht frei gewählt und lässt sich nicht viel weiter einordnen als ein vierhebiger, umarmend gereimter vorwiegend trochäus, abweichend jambus. der schwergängige trochäus, mitunter etwas unbeholfen gebrochen durch den eher leichtfüßigen jambus, hat sich für diesen stoff dennoch vertraut angefühlt. der klang behält eine angemessene schwere und feierlichkeit für ein thema, das gleichermaßen schwer und feierlich ist.
Comments